Jill Scott

Beyond Hierarchy

Metaleistungen

Leistungen

KUNDE: Zeche Zollern II/IV
2000

Jill Scotts große Rauminstallation besteht aus zwei interaktiven Sektionen. Die Künstlerin nutzt dabei die repräsentative Architektur der Steigerhalle der Zeche Zollern II/IV als Projektionsfläche für insgesamt sieben Videoprojektionen.

Die erste Sektion weist dem Betrachter eine Beobachterrolle zu, aus der heraus er die Möglichkeit hat, in eine Art Dialog mit sechs unterschiedlichen Personen – drei Männern und drei Frauen – zu treten, die einen repräsentativen Querschnitt durch die Industriearbeiterschaft des Ruhrgebiets vom Anfang des Jahrhunderts bis in die Gegenwart darstellen. Die sechs Charaktere sind fiktive Persönlichkeiten, die nach intensiven Archivstudien, Auswertungen mündlicher Überlieferungen und Interviews von Jill Scott kreiert wurden.

Die Personen arbeiten in unterschiedlichen Industriezweigen, allen gemeinsam ist jedoch eine reflektierte Sicht auf ihre Arbeits- und Lebenssituation. Der Besucher kann mit Hilfe von sechs elektronischen Schnittstellen – speziell konstruierte, mit Computersteuerungen ausgestattete Stühle – die Geschichten der sechs Personen individuell erkunden. Die Computersteuerung ermöglicht die Auswahl und Abfolge der Themen, über die die Charaktere berichten. Der Besucher wird, indem er alle sechs
Lebensgeschichten verfolgt, Zeuge der sich im Laufe der Zeit wandelnden industriellen Arbeitssituation, dies jedoch nicht durch die Vermittlung reiner Fakten und Zahlen, sondern durch intime Einblicke in das Leben der Arbeiter. Die Videobilder werden auf die Innenseiten der abgedunkelten großen Rundbogenfenster der Steigerhalle projiziert, so dass die Lebensgeschichten der Arbeiter mit der historischen Architektur der Zeche verschmelzen.

Die zweite Sektion von BEYOND HIERARCHY besteht aus einer Videoprojektion auf dem Fenster gegenüber dem Eingang der Steigerhalle und einem Interface, das von zwei Personen gleichzeitig bedient werden muss, um die Projektion zu starten. Dabei müssen sich die zwei Besucher durch die beiden Öffnungen des kastenförmigen Interfaces wie bei einem Handschlag – Metapher für Solidarität – die Hände reichen. Dadurch wird die Projektion von dokumentarischem („objektivem“) Filmmaterial ausgelöst, das Protest- und Solidaritätsaktionen der Arbeiterbewegung zeigt und das sich mit Bildern von – ebenfalls fiktiven – Arbeitern abwechselt, die das Gezeigte aus ihrer persönlichen Sicht dokumentieren.

Jill Scott nutzt die elektronischen Medien als Instrumentarium zur geschichtlichen Aufarbeitung, wobei sie dem Besucher durch die subjektive Berichterstattung der „Zeitzeugen“ eine Sichtweise bietet, die eine Identifikation mit der Geschichte auf einer sehr persönlichen Ebene ermöglicht.

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